John A. Loudon*
In diesem Artikel stelle ich eine neuartige ergänzende geophysikalische Methode vor, die ein besseres Verständnis der seismischen Aktivität der Erde ermöglicht. Das Konzept basiert auf der Neutrinoteilchenphysik, bei der künstlich erzeugte Neutrinos in unterschiedlichen Winkeln durch die Lithosphäre und den Erdkern geleitet werden, um von einer Reihe fester oder mobiler Neutrinozähler erfasst zu werden. Durch Echtzeitmessung der Flugzeit von Neutrinoteilchen können Krustenverformungen oder Spannungsänderungen vorgenommen werden. Dies basiert auf der einfachen Annahme, dass Verformungen innerhalb der Erdkruste die Länge ausgewählter Basislinien der Neutrinowege durch Bereiche an den Verbindungsstellen tektonischer Platten verändern, die aktive Verwerfungsgebiete bilden. Das System kann so eingerichtet werden, dass es eine gesamte ausgewählte Verwerfungslinie in der Tiefe abtastet, um frühzeitig Spannungsänderungen in der Krustenstruktur zu erkennen, die ein Vorbote für ein Abrutschen oder eine Scherung der Verwerfungslinie sein können. Das Konzept basiert teilweise auf dem Gedanken der Dilatanz in der Krustenstruktur unter Spannung in Verwerfungsgebieten und kann verwendet werden, um den Beitrag dieses Faktors zur Seismologie zu bewerten. Physikalische Veränderungen der Gesteinsstruktur durch das Dilatanzprinzip würden voraussichtlich die Basislinienlänge für Neutrinos anpassen, die durch die Kruste fliegen. Solche Neutrino-Basislinienbestimmungen werden über Neutrinoquellen und -detektoren durchgeführt, die entfernt von den aktiven Stellen der Verwerfungsbewegung platziert werden. Variationen in der Topographie der Erdoberfläche sind für diesen Ansatz nicht relevant, wodurch eine erhebliche Fehlerquelle, die anderen Methoden zur Verfolgung von Verwerfungsstellen innewohnt, beseitigt wird. Diese Methoden beschränken sich auf Oberflächenanalysen mit Datenextrapolation auf Verzerrungen, die in einer bestimmten Tiefe auftreten, nämlich auf die Regionen, in denen seismische Aktivitäten beginnen. Geeignete interne und ergänzende Kontrollen für die Neutrino-Flugzeit werden beispielsweise über geodätische InSar-Messungen vorgestellt. Die Kombination des Flugzeitkonzepts mit Messungen durch andere derzeit verwendete seismologische Methoden kann bei der Beurteilung hilfreich sein, ob ein Erkennungsmuster zur Schätzung der Aktivität von Erdbebenvorläufern erstellt werden kann. Es werden Vergleiche mit anderen derzeit akzeptierten Technologien zur Messung von Krustenspannungen angestellt und die relativen Vorteile des Flugzeitkonzepts werden aufgezeigt. Nachteile bei der Entwicklung dieser Technik werden im Lichte des aktuellen Stands der Neutrinophysik und möglicher Fehlerquellen diskutiert. Aus der Perspektive der Fernerkundungsgeophysik könnte der Neutrino-Flugzeitansatz in Kombination mit anderen Verfahren wie der Neutrino-Oszillations-Tomographie ein besseres Verständnis von Flüssigkeitsbewegungen und Gesteinsrheologie als Teil der dynamischen Erdstruktur ermöglichen. Insgesamt bietet die Flugzeit das Potenzial als nützliche Zusatztechnik, die für die Fernerkundungsgeophysik entwickelt werden könnte.